Neues Urteil des EuGH: Warum Selbstständige jetzt aufpassen müssen – Abmahngefahr bei fehlendem Streitschlichtungshinweis in AGB

Neues Urteil des EuGH: Warum Selbstständige jetzt aufpassen müssen – Abmahngefahr bei fehlendem Streitschlichtungshinweis in AGB

Nathalie Salibian-Waltz (SW2Legal)

Nathalie Salibian-Waltz

Anwältin, Autorin & Bloggerin

Die Europäische Union hat ein Online-Streitbeilegungsverfahren (OS-Plattform) eingerichtet, um Verbrauchern und Unternehmen bei der Lösung von Streitigkeiten zu helfen. Diese Plattform soll es Verbrauchern ermöglichen, Streitigkeiten schnell und effizient außergerichtlich beizulegen. Seit Januar 2016 sind Online-Händler und andere Online-Dienstleister nach der Verordnung verpflichtet, auf die Streitschlichtungsplattform der EU per anklickbaren Link hinzuweisen. Sinn und Zweck der Verordnung ist, dass Verbraucher und Unternehmen ihre Streitigkeiten dadurch einfacher und schneller lösen können. Allerdings muss man weder als Selbstständiger noch als Unternehmen an einem Verbraucherstreitbeilegungsverfahren teilnehmen. Das die Nichteinhaltung dieser Vorgabe trotzdem ein hohes Abmahnrisiko für Selbstständige und Unternehmen im Online Business.darstellt, zeigt der jüngst entschiedene Fall vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Was ist passiert?

Die Apotheken und Ärzte Bank hatte in ihrem Impressum einen Hinweis auf die EU-Streitschlichtung gegeben, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) enthielten aber keinen entsprechenden Hinweis. Die Bank war der Auffassung, dass eine Angabe in den AGB nach der Verordnung nicht erforderlich sei. Dem Verbraucherschutzverband fiel auf, dass die Ärzte Bank den Streitschlichtungshinweis zur Onlineplattform der EU vergessen hatte und mahnte die Bank ab. Er machte viel Geld sowie künftige Unterlassung gegenüber der Bank geltend. Der Fall kam vor Gericht, denn die Bank bestritt eine diesbezügliche Pflicht ihrerseits, die AGB nachzubessern. Ihr Argument: Sie schließe mit Kund:innen gar keine Verträge über ihre Webseite ab. Daher sei auch ein Hinweis auf eine Streitschlichtung überflüssig. Der EuGH hat am Ende entschieden, dass die Bank dazu aber doch verpflichtet sei. Ein fehlender Hinweis in AGB ist ein Verstoß gegen die Informationspflichten der EU-Verordnung und darf zu Recht abgemahnt und sanktioniert werden.  

Was bedeutet das jetzt für Selbstständige?

Das bedeutet: Ein fehlender Hinweis auf die EU Streitschlichtung in AGB eines Online Business ist abmahnfähig -egal ob ein Vertragsschluss letztlich über die Webseite erfolgt oder nicht. Die Entscheidung gilt nicht nur für Banken. Die EU- Verordnung betrifft alle Selbstständige und Unternehmer, die im WWW und sozialen Netzwerken unterwegs sind und Webseiten betreiben. Insbesondere in Deutschland ist die Abmahngefahr für Unternehmen und Selbstständige sehr hoch, da hier Abmahnungen durch Anwälte und Wettbewerber eine gängige Praxis sind. Wenn Sie in ihren AGB oder im Impressum nicht auf die Streitschlichtungsplattform hinweisen, können Sie daher sehr schnell eine kostenpflichtige Abmahnung erhalten.

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Wie können Selbstständige einer Abmahnung vorbeugen?

Zunächst einmal sollten Sie prüfen, dass ihre AGB und ihr Impressum ein (anklickbaren) Hinweis auf die Streitschlichtungsplattform der EU enthalten. Besonders abmahnbar ist der fehlende Hinweis, wenn Sie Geschäfte mit Konsumenten und Unternehmen machen. Dann müssen Sie die genaue Adresse und die Kontaktmöglichkeiten angeben, über die die Streitschlichtungsplattform erreicht werden kann.

Weiterhin sollten Sie sicherstellen, dass Sie in ihren AGB und im Impressum auf die Möglichkeit des Verbraucherstreitbeilegungsverfahren (§§ 36, 37 Verbraucherstreitbeilegungsgesetz- VSBG) hinweisen, auch wenn Sie nicht zur Teilnahme an der Verbraucherstreitbeilegungsverfahren verpflichtet sind.

Außerdem ist es wichtig, dass Sie die Vorgaben zum Streitschlichtungsverfahren regelmäßig überprüfen und ihre AGB und das Impressum gegebenenfalls aktualisieren. Nur so können Sie sicherstellen, dass Sie immer den aktuellen Anforderungen entsprechen und einer Abmahnung vorbeugen.

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Fazit

Insgesamt kann man sagen, die Bereitstellung eines Links zur sog. OS-Plattform (Internetplattform zur Online-Streitbeilegung) ist zwar verpflichtend (Art. 14 Abs. 1 VO (EU) Nr. 524/2013), die Teilnahme an der Online-Streitbeilegung aber nicht. Obergerichte (zuletzt OLG Schleswig-Holstein, Urteil v. 9.3.2023 – 6 U 36/22) bewerten daher das Vorhalten eines funktionstüchtigen Links nicht als zu hoch. Allerdings schreibt die EU-Verordnung zur Online-Streitbeilegung Verbrauchern und Unternehmen eine einfache und schnelle Lösung für Streitigkeiten vor und verlangt, dass Online-Händler und Online-Dienstleister die Vorgaben der Verordnung ernst nehmen und sicherstellen, dass sie den Anforderungen entsprechen. Andernfalls drohen Abmahnungen und Sanktionen, die berechtigt und durchsetzbar sind.

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