Die bittere Pille für Influencer

Die bittere Pille für Influencer

Nathalie Salibian-Waltz (SW2Legal)

Nathalie Salibian-Waltz

Anwältin, Autorin & Bloggerin

Das Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 11.09.2025, Az. 6 U 118/24 – Influencer-Reel) hat entschieden: Wenn Influencer ein Medikament in einem Instagram-Reel bewerben, müssen sie sich an die gleichen Regeln halten wie klassische TV-Werbung. Erfahren Sie hier, mit wem Influencer in aller Regel NICHT zusammenarbeiten sollten, um Abmahnungen, Bußgelder und Schadensersatz zu vermeiden.

Bevor wir in die Details gehen, hier die wichtigsten 2 Fragen zum Urteil des Oberlandesgerichts Köln.

Warum ist Medikamentenwerbung auf Social Media riskant?

Medikamente sind Arzneimittel, die durch das Heilmittelwerbegesetz (HWG) streng reguliert werden. Zweck des Gesetzes ist es, Verbraucher zu schützen und sie nicht zum Konsum von Medikamenten zu verleiten oder zu täuschen. Daher verlangt das Gesetz bei jeder Arzneimittelwerbung, insbesondere im Fernsehen, die unübersehbare Risikoinformation „Zu Risiko und Nebenwirkungen…“ im Werbefilm.

Eine Bewerbung eines Arzneimittels in einem Video auf Social Media ist – ähnlich einer Fernsehwerbung – Werbung mit bewegten Bildern und Ton. Als audiovisuelles Medium kann ein kurzes Video bzw. Reel daher ebenfalls den strengen Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes unterliegen.

Wenn nun eine Influencerin mit einem Pharmaunternehmen zusammen arbeitet und ein kurzes Video mit dem Pharmaprodukt des Unternehmens auf Social Media bewirbt und veröffentlicht, in dem sie beispielsweise die Einnahme von Kopfschmerztabletten mit guter Laune in Verbindung bringt, dann ist dies nicht nur ein Verstoß gegen das HWG, sondern kann auch  einen weiteren Wettbewerbsverstoß begründen. Denn nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ist die/der Influencer bzw. das auftraggebende Unternehmen (§ 8 Absatz 2 UWG) dafür verantwortlich, dass die Nutzer entsprechend den gesetzlichen Regelungen über die Risiken und Nebenwirkungen des beworbenen Medikaments informiert (§ 4 Abs. 3 HWG), die Nutzer nicht zum Konsum verleitet oder getäuscht werden.

Ist Influencer Werbung für Medikamente auf Social Media überhaupt zulässig?

Die Werbung mit einer „bekannten Person“ für ein Arzneimittel ist gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 HWG unzulässig.

Kooperationen mit Influencern im Bereich Arznei Werbung sind heikel. Der Grund liegt nach Auffassung der Richter vor allem auch an der „Bekanntheit“ der Person. Oftmals werden Kooperationen mit Influencer gerade deswegen eingegangen, weil sie viele Internetnutzer mit ihren Inhalten erreichen und über eine hohe Reichweite verfügen. Mit über 130.000 Follower auf Instagram, 155.000 Abonnenten auf YouTube und TikTok, hat ein Influencer nach Ansicht des Gerichts auf jeden Fall genug Reichweite, um Menschen zu beeinflussen – ähnlich wie Prominente.

Diese Influencer gelten daher nach der Rechtsprechung als „bekannte“ Person im Sinne des HWG. Als bekannte Person oder Prominente auf Social Media sollte man folglich keine Werbekooperation mit einem Pharmaunternehmen über Arzneimittel und Medikamente eingehen. Entsprechend sollten Pharmaunternehmen ihre Arzneiprodukte nicht mit Influencern auf Social Media bewerben, wenn diese bekannt und prominent sind oder als solche gelten.

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Rechtliche Anforderungen an Influencer Werbung für Arzneimittel

Pflichttext in Reels

In dem zugrundeliegenden Fall des OLG Köln hatte eine Influencerin ein Instagram-Reel von nur 18 Sekunden gepostet, in dem sie zeigte, wie sie ein Medikament nimmt und es ihr danach gut geht. Im Reel selbst fehlte der gesetzlich vorgeschriebene Hinweis: „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.“

Das Pharmaunternehmen meinte, der Pflichttext sei ohne weiteres vorhanden, nämlich durch Klick auf einen begleitenden Text und einen verlinkten Instagram-Account („@D._pflichttext“), der eigens für die Werbung zum Abruf bereitgestellt worden sei.

Doch nach Auffassung des Gerichts reichte das nicht. Ein Instagram-Reel ist ein audiovisuelles Medium – also vergleichbar mit Fernsehwerbung. Der Pflichttext muss deshalb – wie im Fernsehen – im Video selbst sichtbar und hörbar sein. Ein Hinweis im Textfeld oder über einen anderen Account genügt nicht.

Die Richter begründeten dies mit der geringen Aufmerksamkeitsspanne bei Social-Media-Videos. Nutzer schauen viele Clips und Reels nur wenige Sekunden an. Wenn man erst auf einen Link klicken muss, bekommt man den Warnhinweis oft gar nicht mit.

Eine bloße Verlinkung auf einen anderen Account oder eine „Kachelbelehrung“, die erst durch aktives Anklicken eines Links erreichbar sei, erfüllt die gesetzlichen Anforderungen daher nicht.

Weniger ist mehr: Ziel eines Pflichttextes ist nicht eine möglichst ausführliche Aufklärung, sondern ein standardisierter Warnhinweis, der zuverlässig wahrgenommen wird.

Ist Influencer bekannte Person?

Eine Influencerin darf aber vor allem als „bekannte Person“ erst gar nicht für ein Medikament werben. Insbesondere wenn sie als solche im Sinne des HWG von Nutzern wahrgenommen wird.

Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang nicht, ob eine Person bundesweit prominent ist. Entscheidend ist vielmehr, ob sie in den sozialen Netzwerken über eine Reichweite verfügt, die geeignet ist, Verbraucher zum Konsum von Arzneimitteln zu beeinflussen. Nach Auffassung des Gerichts können Influencer in aller Regel durch parasoziale Beziehungen und das besondere Vertrauensverhältnis zu ihren Followern eine vergleichbare Überzeugungskraft entfalten wie klassische Prominente. Empfehlungen aus diesem Umfeld können somit die rationale Entscheidungsfindung der Verbraucher stark beeinträchtigen.

 

Fazit

Das Urteil OLG Köln zeigt klar: Auch auf Instagram & TikTok gilt das Heilmittelwerbegesetz in Verbindung mit dem Wettbewerbsrecht – ohne Ausnahme.

  • Werbung für Medikamente auf Social Media ist rechtlich streng geregelt.
  • Pflichttexte für Medikamentenwerbung müssen im Video selbst erscheinen.
  • Kooperationen mit Influencern sind heikel, sobald sie als „bekannte Personen“ gelten.
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