Vorsicht Falle! Wenn kostenlose Werbung zu teuren Abmahnungen führt

Vorsicht Falle! Wenn kostenlose Werbung zu teuren Abmahnungen führt

Nathalie Salibian-Waltz (SW2Legal)

Nathalie Salibian-Waltz

Anwältin, Autorin & Bloggerin

Dieser Artikel basiert auf einem realen Fall, den uns ein Mandant geschildert hat. Was ihm passiert ist, kann jedem passieren, der auf scheinbar „kostenlose“ Werbung setzt:

„Kostenlos“ –  der teure Irrtum in den sozialen Medien

Kennen Sie das? Sie wollen schnell und jederzeit viele Kunden erreichen, ihre Produkte und Dienstleistungen bewerben, Rabattcodes und Affiliates vergeben – alles ganz bequem per automatisierter E-Mail! Dazu werben Sie einfach in den sozialen Medien mit einem Freebie und – zack – der Kunde ist auf ihrer Newsletter Liste. Klingt schlau, oder? Genau das hat unser Mandant deshalb auch gemacht. Er dachte, er mache alles richtig – Opt-in, Double Opt-in, Welcome Mail – und plötzlich hatte er eine Abmahnung im Briefkasten.

Vielleicht denken Sie jetzt: Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Aber Kunden tun genau das – und zwar sehr genau!

Gesetzliche Neuerungen Freebies 2022

Das Koppelungsverbot

Der Grund: Der Datenschutz.

Seit der Einführung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist das sogenannte „Koppeln“ eines Freebies an Werbung nicht mehr so einfach erlaubt.

Sind Freebies jetzt tot?

Mit der DSGVO ist ein Kopplungsverbot eingeführt worden. Das bedeutet: Nach Art. 7 Abs. 4 DSGVO muss die Anmeldung zu einem Newsletter freiwillig sein.

Sie denken vielleicht: „Natürlich, ich zwinge doch niemanden!“ – aber so einfach ist es nach der Rechtslage nicht.

Die Regel sagt: Man muss besonders darauf achten, ob ein Vertrag oder eine Dienstleistung davon abhängig gemacht wird, dass der Kunde einer Datenverarbeitung zustimmt, die für diesen Vertrag gar nicht nötig ist.

Kurz gesagt:

Der Eintrag der E-Mail-Adresse ist noch nicht gleich eine Einwilligung in Werbung, sondern erstmal nur ein Angebot zur Schenkung des Freebies, das Sie mit der Zusendung in der Regel erst annehmen.

Sie dürfen also nicht sagen: „Du bekommst diese Leistung kostenlos, trage einfach deine E-Mail Adresse ein und dann tragen Sie die erhaltene E-Mail-Adresse ins Newsletter ein.

Ganz ehrlich: Seit wann gibt es im Internet wirklich etwas umsonst? Die Antwort: Niemals. Und genau da setzt die Datenschutzgrundverordnung an.

Die freiwillige Einwilligung

Stattdessen ist immer ein tatsächliches Opt-in nötig.

Das OLG Frankfurt ((Urt. v. 27.06.2019, Az.: 6 U 6/19) entschied, dass die DSGVO kein absolutes Kopplungsverbot enthält. Die Einwilligung zur Werbung kann Teil eines Tauschgeschäfts sein, wenn sie freiwillig und klar ist. Wichtig dabei: Transparenz, Freiwilligkeit und vor allem nachweisbare Verfahren wie ein Double-Opt-In.

Das bedeutet: Ihr Kunde muss über den Erhalt der Werbung bei Bestellung des Freebies umfassend informiert werden und so selbst entscheiden, ob ihm das E-Book die Preisgabe seiner E-Mail-Adresse für Werbung wert ist. Außerdem muss er seine Einwilligung zur Werbung nochmals im Double-Opt-in-Verfahren bestätigen.

Aus diesem Grund dürfen Sie auch nicht einfach ein voreingestelltes Häkchen in der Checkbox im Anmeldeformular setzen.

Eine Variante wäre:

„Lade dir mein E-Book in 7 Tagen zu viralem Content herunter. Wenn du hier deine E-Mail-Adresse einträgst, darf ich dich im Gegenzug wöchentlich über Neuigkeiten zu Social Media Marketing, mein Coaching-Angebot sowie Neuigkeiten aus meinem Unternehmen informieren. Vor der Anmeldung bekommst du noch alle wichtigen Infos über den Ablauf und die Speicherung deiner Daten. Du kannst dich jederzeit über einen Link im Newsletter oder eine kurze Mail an die im Impressum angegebene Adresse wieder abmelden. Details findest du in unserer Datenschutzerklärung.“

👉 Der entscheidende Punkt: Der Kunde verschafft sich das E-Book bewusst gegen seine Daten für Werbezwecke.

Auch wenn die E-Mail-Adresse für eine Leistung erforderlich ist (z. B. Anmeldung zu einem Online-Kurs, der nicht einfach heruntergeladen werden kann), darf diese Adresse nicht zwingend für Werbung verwendet werden. Werbung geht erst, wenn ein aktives Opt-in seitens des Kunden vorliegt.

„Kostenlose“ Freebies

Jetzt kommen wir zurück zu unserem Ausgangsfall. Unser Mandant hatte eine Checkbox und ein Double-Opt-in. Die Kunden haben sich bewusst für Freebie gegen Daten entschieden.

Was sollte dann die Abmahnung?

Der Mandant soll verschleiert haben, dass das Freebie dem Verbraucher etwas kostet. Er hat mit „kostenloses Buch“ geworben, verlangte aber 2,70 € für den Versand – das warf man ihm vor.

Jetzt müssen wir leider die Rechtsgrundlagen wechseln und einen kleinen Schritt zurück machen, ehe wir einen großen Schritt vorwärts kommen können.

Die DSGVO regelt das Kopplungsverbot und das Tracking, regelt aber nicht, unter welchen Umständen Werbung für Freebies überhaupt zulässig ist. Vielmehr ergibt sich das aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG ist jede irreführende Werbung unzulässig – insbesondere, wenn eine Leistung als „kostenlos“ beschrieben wird, obwohl tatsächlich Kosten entstehen.

Zusätzlich konkretisiert § 3 Abs. 3 UWG in Verbindung mit Nr. 21 des Anhangs („Schwarze Liste“), dass die Werbung mit Begriffen wie „gratis“ oder „kostenfrei“ unzulässig ist, sofern Kosten anfallen und nicht klar kommuniziert wurden.

Wird ein Freebie mit beispielsweise  „komplett kostenlos“  oder „kostenlos“ beworben, dann ist das daher nur zulässig, wenn das Freebie tatsächlich ohne jegliche Kosten kommt –  auch kein Porto.

Das vermuten Sie bei meinem juristischen Beitrag sicher bereits: Auch das Freebie im Austausch gegen Daten darf nach weit verbreiteter juristischer Meinung nicht als „kostenlos“, „komplett kostenlos“ oder „gratis“ beworben werden.

Die Regelung findet sich seit 2022 im Bürgerlichen Gesetzbuch, genauer § 312 Absatz 1a BGB. Danach sind alle kostenlosen, bzw. Gratisangebote, die sich an Verbraucher richten, wie z.B. E-Books, Gewinnspiele, Apps oder den Zugang zu Webseiten im Austausch gegen Einwilligungen in Newsletter oder Werbe-Cookies, als eine Bezahlung mit Daten einzustufen.

Versteckte Gebühren oder Hinweise wie „kostenlos“ machen die Werbung irreführend und damit wettbewerbswidrig.

Fazit: Was daraus folgt

Freiwilligkeit

Die Gestaltung der Einwilligung muss freiwillig sein, d.h. die Einwilligung darf nicht zwingend sein und der Kunde muss ablehnen können, ohne Nachteile befürchten zu müssen.

Transparenz

Der Zweck der Einwilligung muss deutlich sein: z. B. Freebie vs. Newsletter-Zustimmung ausdrücklich  benennen. Eine separate Einwilligung durch nicht vorangekreuzte Checkbox im Anmeldeformular ist auch zulässig.

Nachweisbarkeit

Die Einwilligung muss nachweisbar sein. Ideal mit Double-Opt-In, um die Einwilligung zu dokumentieren.

Keine irreführende Kommunikation

Ein Freebie nicht als „kostenlos“ bezeichnen, wenn die Daten für Werbezwecke genutzt werden.

 

 

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