Freebies sind nicht mehr wirklich „free“ – was Sie jetzt über die neuen Regeln wissen müssen

Freebies sind nicht mehr wirklich „free“ – was Sie jetzt über die neuen Regeln wissen müssen

Nathalie Salibian-Waltz (SW2Legal)

Nathalie Salibian-Waltz

Anwältin, Autorin & Bloggerin

Stellen Sie sich vor, Sie möchten Ihren potenziellen Kund:innen etwas schenken – ein E-Book, eine Checkliste oder einen Mini-Kurs. Bisher hieß das im Online-Marketing „Freebie“.

Nutzer:innen gaben ihre E-Mail-Adresse an und erhielten im Gegenzug das Geschenk. Doch seit 2022 gelten neue gesetzliche Regeln, die diese scheinbar einfache Praxis komplizierter machen. Was steckt dahinter? Und worauf müssen Sie als Coach, Trainer:in oder Online-Unternehmer:in jetzt achten?

In diesem Artikel nehme ich Sie Schritt für Schritt an die Hand und erkläre, was sich geändert hat, warum es Freebies in der bisherigen Form so nicht mehr gibt – und wie Sie trotzdem rechtssicher mit Ihrem Marketing weitermachen können.

Was hat sich ab 2022 geändert?

Mit dem Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie über digitale Inhalte wurden im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) neue Paragraphen eingeführt (§§ 327 ff. BGB). Seit dem 1. Januar 2022 gilt: Auch wenn Kund:innen nicht mit Geld, sondern mit Daten bezahlen, handelt es sich rechtlich gesehen um einen Vertrag.

Früher war der Verbraucherschutz in § 312 BGB vor allem auf entgeltliche Leistungen ausgelegt – also auf Fälle, in denen Kund:innen Geld bezahlen. Jetzt unterscheidet das Gesetz genauer:

Variante 1: Verbraucher:innen zahlen mit Geld (§ 312 Abs. 1 BGB).

Variante 2: Verbraucher:innen geben personenbezogene Daten preis, die vom Unternehmen verarbeitet werden (§ 312 Abs. 1a BGB).

Das bedeutet: Auch wenn jemand „nur“ seine E-Mail-Adresse für ein Freebie hergibt, entsteht daraus ein Vertrag. Und dieser ist mit Pflichten verbunden – für Sie als Anbieter:in.

Warum betrifft das Freebies ganz besonders?

Der englische Begriff „Freebie“ heißt übersetzt „Werbegeschenk“. Im Online-Marketing war er lange ein beliebtes Werkzeug: Man verschenkt ein PDF, ein Webinar oder einen kleinen Onlinekurs – und sammelt im Gegenzug E-Mail-Adressen für den Newsletter.

Doch genau hier liegt das Problem: Ein Freebie, das an die Herausgabe von Daten gekoppelt ist, ist nicht wirklich kostenlos. Wer mit „gratis“ oder „kostenlos“ wirbt, obwohl im Gegenzug persönliche Daten abgegeben werden müssen, riskiert eine Abmahnung wegen Irreführung.

Wichtig zu wissen:

Der Begriff „Freebie“ allein ist rechtlich nicht verboten.

In Verbindung mit Aussagen wie „kostenlos“, „gratis“ oder „ohne Gegenleistung“ wird es aber kritisch.

Denn: Die Daten sind die Gegenleistung – und damit eine Art Bezahlung.

Sind Freebies damit verboten?

Nein. Sie dürfen nach wie vor Freebies anbieten – aber anders als bisher. Entscheidend ist, dass Nutzer:innen klar und verständlich darüber informiert werden, was genau passiert:

Aufklärungspflicht: Sie müssen erklären, dass die E-Mail-Adresse (oder andere Daten) im Gegenzug für das Freebie abgegeben wird.

Transparenz: Nutzer:innen müssen wissen, wofür ihre Daten verwendet werden – zum Beispiel für den regelmäßigen Versand von Newslettern.

Einwilligung: Die Einwilligung muss aktiv erfolgen, etwa über eine Checkbox oder ein Pop-up.

Widerrufsmöglichkeit: Nutzer:innen können ihre Einwilligung jederzeit widerrufen.

Nachweisbarkeit: Am besten setzen Sie auf ein Double-Opt-In-Verfahren, um die Zustimmung rechtssicher zu dokumentieren.

Damit ist die Praxis weiterhin erlaubt – nur eben nicht mehr als „kostenloses Geschenk“ im klassischen Sinn.

Ein Blick auf die Rechtsprechung

Auch wenn es noch keine speziellen Urteile zu Freebies gibt, gibt es bereits Parallelen. Das OLG Frankfurt am Main (Urt. v. 27.06.2019, Az.: 6 U 6/19) hat entschieden, dass eine Einwilligung in Werbung auch dann „freiwillig“ ist, wenn sie Voraussetzung für die Teilnahme an einem Gewinnspiel ist.

Das Gericht stellte klar: Es gibt keinen Zwang – die Teilnehmer:innen entscheiden selbst, ob sie mitmachen und dafür ihre Daten herausgeben. Diese Logik lässt sich auf Freebies übertragen: Niemand muss ein Freebie anfordern. Tut jemand es, geschieht das freiwillig – solange er oder sie transparent informiert wird.

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Die Aktualisierungspflicht – ein weiterer wichtiger Punkt

Neben der Einwilligung gibt es noch eine zweite Neuerung, die Sie kennen sollten: die Aktualisierungspflicht.

Seit 2022 sind Anbieter digitaler Produkte verpflichtet, während eines relevanten Zeitraums Updates bereitzustellen. Das heißt: Auch Freebies könnten davon betroffen sein.

Noch ist nicht eindeutig geklärt, ob sich diese Pflicht nur auf die technische Funktion (z. B. Download funktioniert weiterhin) oder auch auf die inhaltliche Aktualität bezieht. Klar ist aber: Einmal hochladen und nie wieder anfassen ist riskant.

Praxis-Tipps für Ihr Marketing

Damit Sie weiterhin erfolgreich mit Freebies arbeiten können, hier ein paar Empfehlungen:

Verzichten Sie auf Begriffe wie „gratis“, „kostenlos“ oder „geschenkt“.

Weisen Sie transparent darauf hin, dass das Freebie im Austausch für Daten erfolgt.

Formulieren Sie die Einwilligung klar: „Mit der Eingabe Ihrer E-Mail-Adresse erhalten Sie [Freebie XY] und abonnieren gleichzeitig unseren Newsletter.“

Verwenden Sie unbedingt ein Double-Opt-In-Verfahren.

Aktualisieren Sie Ihre Freebies regelmäßig – auch wenn unklar ist, in welchem Umfang die Pflicht greift.

Fazit

Freebies sind nicht tot – aber sie sind nicht mehr so „free“, wie es der Name verspricht. Seit der Gesetzesänderung müssen Sie als Anbieter:in klarstellen, dass Nutzer:innen mit ihren Daten bezahlen.

Das bedeutet: Mehr Transparenz, klare Einwilligungen und regelmäßige Aktualisierungen. Wer diese Punkte beachtet, kann Freebies auch weiterhin als wertvolles Marketinginstrument nutzen – ohne Angst vor Abmahnungen.

👉 Kurz gesagt: Schenken dürfen Sie weiterhin – aber bitte ehrlich über den Preis informieren.

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